Verfahren
Verfahren zur Mikroschadstoffreduzierung auf Kläranlagen
In den vergangenen Jahren wurden in verschiedenen nationalen und internationalen Studien die Verfahren zur gezielten Mikroschadstoffreduzierung untersucht. Eine große Herausforderung stellen dabei die große Anzahl und die unterschiedlichen physikalisch-chemischen Eigenschaften der Mikroschadstoffe dar. Insbesondere bei einer großtechnischen Umsetzung der Verfahren spielt der Kostenfaktor eine sehr bedeutende Rolle. Daher lag bei diesen Studien der Schwerpunkt neben der Leistungsfähigkeit auch auf der Wirtschaftlichkeit.
Die Studien haben gezeigt, dass signifikante Reduktionsleistungen für ein breiteres Spektrum der persistenten Mikroschadstoffe durch oxidative, adsorptive und physikalische Verfahren erreicht werden können.
Bei näheren Betrachtungen zur Kosteneffizienz der untersuchten Verfahren haben sich insbesondere ein oxidatives und zwei adsorptive Verfahren als großtechnisch und wirtschaftlich umsetzbar herausgestellt: Die Ozonung und die Behandlung mit Aktivkohle (pulverisiert oder granuliert).
Ozonung und Aktivkohlebehandlung sind bisher insbesondere in Deutschland und in der Schweiz mehrfach umgesetzt worden. Obwohl diese Verfahren in der Lage sind, die Mikroschadstoffe durch Oxidation oder Adsorption zu reduzieren und somit als Hauptverfahren klassifiziert werden können, benötigen sie weitere Nachbehandlungsschritte bei der praktischen Anwendung. Als Beispiel kann die biologische Nachbehandlung im Anschluss einer Ozonung und die Filtration nach Einsatz der Pulveraktivkohle genannt werden.
Zudem werden mittlerweile Kombinationen aus beiden Verfahren umgesetzt, um die Auslegung zu optimieren oder das Spektrum der zu reduzierenden Substanzen zu erweitern. Weitere Verfahren, wie die Abwasserfiltration, wurden hauptsächlich aus Kostengründen zurückgestellt.

Oxidative Verfahren
Oxidative Verfahren
Durch oxidative Verfahren werden die Mikroschadstoffe mit Hilfe eines Oxidationsmittels chemisch verändert (transformiert). Ziel ist es, Oxidationsprodukte zu generieren, die eine geringere Umweltschädlichkeit aufweisen als deren Ausgangssubstanzen.
Ozonung
Im Mittelpunkt der oxidativen Verfahren steht zurzeit das Verfahren der Ozonung. Hierbei wird dem zu reinigenden Abwasser Ozon zugegeben. Die Ozonung wird dabei aus verfahrenstechnischer Sicht der biologischen Stufe nachgeschaltet.
Wichtig ist eine gut funktionierende Nachklärung der biologischen Stufe. Nur so kann die organische Hintergrundbelastung des zu oxidierenden Abwassers minimiert und damit das Ozon effektiv eingesetzt werden. Andernfalls finden konkurrierende chemische Reaktionen statt, bei denen neben den Mikroschadstoffen auch weitere organische Abwasserinhaltsstoffe oxidiert werden.

Das ozonierte Abwasser muss in eine Nachbehandlung geleitet werden, um bei der Oxidation entstandene Reaktionsprodukte zu entfernen.
Adsorptive Verfahren
Adsorptive Verfahren
Adsorptive Verfahren zur Mikroschadstoffreduzierung sind Behandlungstechniken, bei denen sich die Mikroschadstoffe an der Oberfläche eines Adsorbens (spezieller Festkörper) anlagern und mit dem Adsorbens aus dem Abwasser entfernt werden können.
Als Adsorbens kommen insbesondere granulierte oder pulverisierte Aktivkohle zum Einsatz. Aktivkohle verfügt über eine sehr poröse Struktur und demzufolge über eine hohe spezifische Oberfläche, an der sich die im Abwasser befindlichen Stoffe anlagern können.
Granulierte Aktivkohle
Die Filtration mit granulierter Aktivkohle (GAK) kann direkt der biologischen Stufe bzw. Nachklärung nachgeschaltet werden. Bei dieser Verfahrensführung werden im GAK-Filter ggf. auch im maßgeblichen Umfang Suspensa (abfiltrierbare Stoffe, Schwebstoffe) zurückgehalten. Um eine sehr schnelle Filterbettbelegung zu vermeiden, kann dem GAK-Filter optional eine Filtrationsstufe zum Suspensarückhalt vorgeschaltet werden. Ideale Voraussetzungen ohne Suspensa finden GAK-Filter hinter einem Membranbioreaktor (MBR).

Pulveraktivkohle
Pulverisierte Aktivkohle (PAK) wird zunächst befeuchtet und dann in das zu behandelnde Abwasser eingespült. Die Dosierung kann dabei an verschiedenen Stellen im bestehenden Klärprozess erfolgen:
Verfahrensvarianten mit Kontaktbecken
Eine Möglichkeit, die Kohle weitestgehend mit Mikroschadstoffen zu beladen, ist der Einsatz eines Kontaktbeckens mit nachgeschaltetem PAK-Rückhalt. Die Pulveraktivkohle wird bei diesem Verfahren zur Mehrfachbeladung von der PAK-Rückhaltestufe wieder ins Kontaktbecken zurückgeführt. Dies ermöglicht eine Entkopplung der Aufenthaltszeit der Kohle von der hydraulischen Aufenthaltszeit. Überschüssige Kohle (ÜS) wird meist in die biologische Stufe zurückgeführt und gelangt somit zusammen mit dem Überschussschlamm in die Schlammbehandlung. Der Ablauf der PAK-Kontaktstufe beinhaltet in der Regel noch PAK-Partikel, die nicht ins Gewässer gelangen dürfen, und muss durch eine anschließende Filtrationsstufe zum PAK-Rückhalt nachbehandelt werden.


Zur besseren Abscheidung der Pulveraktivkohle werden im Absetzbecken Fäll- und Flockungshilfsmittel und vor der abschließenden Filtration Flockungshilfsmittel zugegeben. Daher wird das Verfahren auch als AFSF-Verfahren (Adsorption-Flockung-Sedimentation-Filtration) oder Simultandosierung bezeichnet.
Dosierung vor Filtration
Alternativ kann als Kontaktraum für die pulverisierte Aktivkohle der Überstand einer Flockungsfiltration oder auch das Bett des Tiefenfilters selbst genutzt werden. Der Rückhalt der PAK-Partikel muss dann (nahezu) vollständig durch den Filter erfolgen. Mit dem Rückspülwasser kann die Pulveraktivkohle beispielsweise der biologischen Stufe zugeführt werden. Die teilbeladene Kohle erfährt hierbei nach Rückführung mit dem Schlammwasser eine weitere Adsorption / Desorption.

Dosierung in das Belebungsbecken
Grundsätzlich ist auch eine Dosierung direkt in das Belebungsbecken möglich (Simultandosierung), in welchem die Pulveraktivkohle zusammen mit dem Belebtschlamm Flocken ausbildet und der Adsorptionsprozess nur einstufig stattfindet. Die Kontaktzeit für die Aktivkohle ist an das Schlammalter der biologischen Stufe von mehreren Tagen gekoppelt, da beides als Überschussschlamm abgezogen wird. Die Sedimentation in der Nachklärung wird durch die pulverisierte Aktivkohle in den Flocken nicht negativ beeinträchtigt und bedarf somit keiner Modifikation. Dem Verfahren muss aber ein Filter nachgeschaltet werden, da nicht sedimentierfähige Pulveraktivkohle aus der Nachklärung ausgetragen wird.

Dosierung in einen Membranbioreaktor
Bei der Dosierung von Pulveraktivkohle in die biologische Zone eines Membranbioreaktors dient die poröse Membran als Trennschicht zum Rückhalt der Pulveraktivkohle. Auf eine weitere Filtrationsstufe kann verzichtet werden.

Membranfiltrationsverfahren
Membranfiltrationsverfahren
Auf Grund der zunehmenden Anforderungen an die Abwasserreinigung z.B. durch die EU-Kommunalabwasserrichtlinie werden Membranfiltrationsverfahren vermehrt zur Abwasseraufbereitung in Betracht gezogen. Neben einem hohen Reinigungseffekt sind u.a. die nicht mehr benötigte Nachbehandlung und der geringere Platzbedarf der Membrantechnik im Membranbioreaktor ein Vorteil. Ein Membranbioreaktor kombiniert die biologische Behandlungsstufe mit einer Membranfiltration.
Membranfiltrationsverfahren nutzen für die Reinigung das Größenausschlussprinzip. Das zu reinigende Medium wird druckgetrieben durch die Membran gedrückt. Poröse Membran wie die Mikrofiltration und die Ultrafiltration mit Porengrößen von > 0,1 µm bzw. 100-2 nm halten hierbei zuverlässig partikuläre Verunreinigungen wie Mikroorganismen oder abfiltrierbare Stoffe zurück. Die Nanofiltration (2-1 nm) bzw. die Umkehrosmose (< 1 nm) halten zuverlässig Farbstoffe, Pestizide und organische Stoffe sowie 2-wertige Ionen (Wasserenthärtung) zurück.
Eine direkte Mikroschadstoffreduktion kann also nur unter sehr hohen Energieverbrauch durch die Nanofiltration und Umkehrosmose erreicht werden, wobei die Entsorgung der entstehenden Konzentrate mit bedacht werden muss. Als alleiniges Verfahren zur Mikroschadstoffreduktion kommt das Membranfiltrationsverfahren aus ökonomischen Gründen zurzeit nicht in Frage. Allerdings befinden sich derzeit mehrere kommunale Kläranlagen in Nordrhein-Westfalen in der großtechnischen Umsetzung von einer Kombination aus granulierter bzw. Pulveraktivkohle mit der Ultrafiltration. Diese Kombinationen ermöglichen eine Mikroschadstoffreduktion und bieten die zusätzlichen Vorteile des Membranfiltrationsverfahrens. Die Membran dient beim Einsatz von PAK als nachgeschalteter Filter. Beim nachgeschalteten GAK bietet sie einen feststofffreien Ablauf, was zu längeren Standzeiten der GAK führen kann. Auch die Kombination von Membrantechnik und Ozon wird derzeit erforscht.
Verfahrenskombinationen
Verfahrenskombinationen
Neben der Anwendung der einzelnen Verfahren zur Mikroschadstoffreduktion (d.h. entweder Ozonung oder Adsorption mit Aktivkohle) ist auch eine Kombination der verschiedenen Verfahrenstechnologien möglich, zum Beispiel:
- Abwasserozonung mit anschließender granulierter Aktivkohle-Filtration zur biologischen Nachbehandlung, auch biologisch aktivierte Aktivkohlefiltration (BAK) genannt.
- Kombination von Ozon und Pulveraktivkohle.
- Kombination von Ozon und granulierter Aktivkohle.
